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Als Vorreiter des politischen Marketings im Web 2.0 gilt, seit den Präsidentschaftswahlen 2008, eindeutig Barack Obama. Seine Präsenz innerhalb sozialer Netzwerke zieht ein großes Publikum an. Die Fan- bzw. Followerzahlen sprechen für sich: Bei Facebook bekennen sich heute fast 23 Millionen Personen zu Barack Obama, auf Twitter verzeichnet er fast 10 Millionen Follower. Auch in Deutschland ging der Versuch des politischen Marketings im Jahre 2009 mit der Bundestagswahl in die erste Runde. Doch wie schlagen sich die deutschen Parteien auf diesem Terrain? Dieser Frage wollen wir mit Hilfe eines Vergleichs nachgehen, indem wir zunächst verschiedene Facebook Pages unter die Lupe nehmen.

Der Fanseite der CDU gehören – trotz mangelnder Landingpage und auch sonst sehr schlichtem Auftreten – bisweilen mehr als 15.000 Facebook-User an. Diese werden fast täglich mit Informationen versorgt, die auf die offizielle Homepage der Partei verweisen. Im Gegenzug sind auch die Sympathisanten sehr aktiv. Auf ein Feedback zu Posts muss selten lange gewartet werden. Kommentare sind zahlreich vorhanden, auch wenn die Partei kaum auf diese eingeht. Den Menschen, die die CDU-Seite geliked haben, scheint es vor allem darum zu gehen, sich über die veröffentlichten Themen auszutauschen und ihre politischen Meinungen kundzutun. Leider existieren lediglich die Reiter Pinnwand, Info und Fotos, wodurch der Mehrwert der Facebookseite gegenüber der Homepage nicht erkennbar wird. Außerdem macht es den Anschein, als mangele es an einer Social Media Guideline – denn auffällig ist, dass die offizielle Seite der CDU bei Facebook offenbar keinen Gefallen an der Seite der Bundeskanzlerin findet, sondern nur an den Profilen des Politikers Wulff und der CSP (Christlich Soziale Partei). Auch auf der Seite der Parteichefin fehlt die stringente Vernetzung mit der eigenen Partei.

Deutlich schwächer als die CDU vertreten ist sodann die Facebook-Page der SPD. Mit 3.871 likes ist die offizielle Seite im Vergleich der Parteien weit abgeschlagen. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass die SPD viele verschiedene Seiten vorweisen kann, die für die jeweiligen Landtage stehen, während CDU und andere Parteien auf eine bundesweite Fanpages setzen. Auch bei der SPD wird man mit einer eher schlichten Pinnwand begrüßt – eine Landingpage ist auch hier nicht vorhanden. Besonders was die Interaktion betrifft, hat die Sozialdemokratische Partei noch einiges nachzuholen. Zwar posten einige Fans Beiträge auf die Pinnwand, doch die SPD selbst ist in diesem Punkt nicht besonders aktiv. Teilweise vergehen mehrere Wochen, in denen nicht gepostet wird. Die Reaktionen der Sympathisanten bzw. die Interaktionsfrequenz der Seitenbetreiber mit diesen fällt dementsprechend gering aus. User-Kommentare sind kaum vorhanden und beschränken sich auch auf einzelne Nutzer, die sich immer wieder zu Wort melden. Lediglich die Verknüpfung zu anderen SPD-nahen Seiten funktioniert auf dieser Facebookpräsenz ganz gut, doch sprechen die Fanzahlen für sich: Auf der offiziellen Facebook-Seite der SPD passiert nicht viel Spannendes.

Die Seite zur Partei Bündnis 90/Die Grünen darf hingegen fast 28.000 Unterstützer zählen. Neben den Reitern Pinnwand, Info und Fotos gibt es auch einen eigenen Reiter für Regeln (Netiquette), an die sich die Nutzer der Seite halten sollen. Regelmäßig werden auch Inhalte des hauseigenen YouTube Kanals der Partei auf der Pinnwand geteilt. Zwar ohne Landingpage, hat es diese Partei offenbar trotzdem verstanden, wie man eine Facebook-Page effektiv einsetzt und die User zum Handeln auffordert (call to action). Auch ein Mehrwert zur Homepage von Bündnis 90/Die Grünen lässt sich erkennen; Beiträge verschiedener Blogs und Websites erscheinen hier gebündelt im Stream. Durch die wenigen Reiter wirkt die Fanpage sehr übersichtlich. Fehlende Reiter, wie die Verlinkung zu eigenen Blogs oder dem YouTube Kanal, werden durch Postings aufgefangen; so können die User allerdings nicht auf alle neu eingestellten Inhalte der verschiedenen Web 2.0 Kanäle aufmerksam gemacht werden. Die Bedeutung der Interaktion mit den Usern wurde erkannt und wird regelmäßig genutzt. Postings werden teilweise mehrmals täglich erstellt und verweisen auf verschiedene Webauftritte der Partei. Fans kommentieren häufig und es herrscht ein reger Austausch zwischen Partei und Befürwortern (oder auch Gegnern) der eigenen Politik. Einen weiteren Pluspunkt kann die Seite verbuchen, da hier die Verknüpfung mit anderen „grünen” Fanseiten funktioniert.

Mit der FDP-Fanpage kommen wir nun zu einem Beispiel, das bei reiner Betrachtung der Gefällt-mir-Klicks eher im Mittelfeld angesiedelt ist, vom Aufbau der Seite jedoch sehr weit vorne liegt. Auch in diesem Fall liegt uns eine eher schlichte Facebookpräsenz ohne Landingpage vor, doch den knapp 15.000 Fans wird ein großes mediales und thematisches Spektrum an Reitern angeboten. Unter anderem verweisen diese (mit kleineren technischen Unzulänglichkeiten, wie die nichtfunktionierende Verlinkung zu eigentlichen Website) auf den Partei-Blog und einen YouTube Kanal.  Mehrmals in der Woche werden Postings auf der Pinnwand gemacht, die in vielen Fällen auf die Homepage der Partei oder aber auf interessante Artikel über die Partei verweisen. Zudem teilt die Fanseite auch regelmäßig Posts, die von Abgeordneten gemacht wurden. Eine gute Verknüpfung ist hier also deutlich sichtbar. Auch die Reaktionen der User bleiben nicht aus: Kommentare sind reichlich vorhanden, obgleich auch im Falle der FDP die Partei nicht selbst auf die Kommentare eingeht. Auffällig ist, dass die Partei derzeit ein so genanntes Pic-Badge verwendet, mit dem auf den Bildungsdialog aufmerksam gemacht wird. Dieses Badge findet sich in vielen Profilen von Parteiangehörigen, was den Parteizusammenhalt verdeutlichen und stärken soll.

Auch die Linkspartei verfügt über eine Facebook-Seite mit über 6.000 Fans. Jedoch ist es gar nicht so einfach diese Fanpage überhaupt zu finden. Denn anders als erwartet ist die Seite nicht unter dem Namen „Die Linke” zu finden, sondern präsentiert sich bei Facebook als „Hier ist DIE LINKE”. Auch hier findet man neben den Reitern Pinnwand, Informationen und Fotos noch weitere Reiter wie zum Beispiel Mitmachen oder aber Livestream, der direkt auf Videos verweist. Postings findet man bei den Linken teilweise mehrmals täglich, die Kommentare kommen jedoch vornehmlich von Parteiangehörigen bzw. kommentaraffinen Usern.

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass es in Sachen Facebook-Präsenz noch große Unterschiede zwischen den Bundestagsparteien gibt. Sowohl qualitativ als auch quantitativ haben die meisten noch einiges aufzuholen. So würden sich Landingpages, die politisch Interessierte willkommen heißen, vermutlich in allen Fällen positiv auf die Fanzahlen auswirken. Doch gerade die Interaktion lässt bei vielen Parteien noch zu Wünschen übrig, denn in keinem der Fälle reagiert die Partei auf die geposteten Kommentare. Eine interaktive, dialogorientierte Kommunikationsstrategie würde dem demokratischen Meinungsbildungsprozess sicherlich zuträglich sein. Darüber hinaus könnte dadurch das Parteiinteresse an den Meinungen der User signalisiert werden, was möglicherweise mehr Menschen dazu motiviert, sich zu Wort zu melden.

Kurzum: Facebook-Seiten bieten auch für Parteien ein großes Potential, welches jedoch in den meisten Fällen noch nicht ausreichend genutzt wird. Schon einfache Änderungen könnten große Wirkung erzielen, so dass mehr BürgerInnen – vor allem aber junge Wähler – erreicht werden.